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Der Beitrag wurde am 25. September 2020 veröffentlicht und am 3. Juli 2025 aktualisiert.
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Von Migrantinnen und Migranten verübte Straftaten erfahren viel öffentliche Aufmerksamkeit. Eine einfache Formel für Zusammenhänge zwischen Migration und Kriminalität gibt es nicht, da die Zuwanderungsprozesse und Kriminalitätsphänomene höchst vielfältig sind.
Der Beitrag wurde am 25. September 2020 veröffentlicht und am 3. Juli 2025 aktualisiert.
Auch unter Migrantinnen und Migranten wird nur ein kleiner Teil straffällig. Allerdings fallen Migrantinnen und Migranten sowie teilweise auch deren Nachkommen insgesamt etwas häufiger mit Straftaten auf als Einheimische. Die Unterschiede sind zum Teil mit einer unterschiedlichen Alters- und Geschlechtszusammensetzung sowie mit belastenden Lebensumständen und ungünstigen Lebenserfahrungen (etwa mit Instabilität und Gewalt in manchen Herkunftsgesellschaften) zu erklären, von denen Zugewanderte tendenziell häufiger betroffen sind.
Der alleinige Blick auf den Anteil ausländischer Staatsangehöriger in den Kriminalstatistiken vermag es nur bedingt, zu einem differenzierten Bild beizutragen. Bei näherem Hinsehen geht es je nach Deliktsbereich um kleinere Teilgruppen, die sich nach Aufenthaltsstatus, Einwanderungszeitpunkt, sozialer Teilhabe, Herkunft und demografischer Zusammensetzung unterscheiden.
Erwachsene Migrantinnen und Migranten mit Aussicht auf Zugang zum Arbeitsmarkt fallen allgemein recht selten mit Straftaten auf.
Bei Gewaltdelikten von Geflüchteten spielen unter anderem Konflikte in Gemeinschaftsunterkünften, geringe soziale Bindungen, Belastungen durch die prekäre Lebenssituation sowie mögliche frühere Gewalterfahrungen und zuweilen auch traditionelle Männlichkeitsverständnisse eine Rolle.
Unter jungen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund war die Zahl der Straftaten lange Zeit deutlich rückläufig. Seit 2022 ergeben sich aus Kriminalstatistiken Hinweise auf einen Anstieg der Kriminalitätshäufigkeit bei einheimischen wie zugewanderten Kindern und Jugendlichen. Insbesondere mit Blick auf die Integration von Kindern aus neu zugewanderten Familien müssen Kindertagesstätten, Schulen und Jugendhilfe angemessen ausgestattet werden.
Aus kriminologischer Sicht kann sich ein migrationspolitisch motivierter Ausschluss mancher Zuwanderergruppen von Integrationsmöglichkeiten und -angeboten als risikoreich erweisen. Bei neu zugewanderten Flüchtlingen gilt es, gewaltbegünstigende Formen der Unterbringung, Phasen der Statusunsicherheit und Separierung von der Aufnahmegesellschaft zu vermeiden bzw. kurz zu halten.
Von
Bei alledem sind bestimmte Formen der Zuwanderung, insbesondere die Fluchtmigration, für die zuwandernden Menschen zunächst einmal mit dem Risiko verbunden, selbst Opfer einer Straftat zu werden
In den Aufnahmegesellschaften wird der Blick hingegen häufig auf Kriminalität als mögliche Folge von Zuwanderung gerichtet. Dies lässt sich auch im Zusammenhang mit dem Zuzug einer außergewöhnlich hohen Zahl an Asylsuchenden in den Jahren 2015/2016 sowie seit 2022 beobachten. Über Straftaten, an denen Geflüchtete und Migrantinnen und Migranten beteiligt sind, wird besonders intensiv berichtet
Keineswegs neu ist der Umstand, dass politische Akteure im In- und Ausland das emotional besetzte Thema Kriminalität nutzen, um Ängste und Ressentiments gegenüber Migrantinnen und Migranten zu schüren
In dieser besonderen Gemengelage lohnt ein Blick auf klassische und neuere Befunde aus wissenschaftlichen Untersuchungen zu Zusammenhängen zwischen Migration und Kriminalität. Anders als teilweise unterstellt, ist dieses Thema keineswegs wissenschaftlich tabuisiert, sondern seit Jahrzehnten Gegenstand kriminologischer Studien und Debatten
In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden grundsätzlich alle Fälle erfasst, die der Polizei durch Anzeigen oder eigene Kontrollmaßnahmen bekannt geworden sind. Man spricht hier auch vom sogenannte Hellfeld der Kriminalität. Über Straftaten, die der Polizei nicht bekannt geworden sind – das Dunkelfeld der Kriminalität –, können anhand der PKS keine Aussagen getroffen werden. In vielen Deliktsbereichen wie etwa Betrugs-, Körperverletzungs- und Sexualdelikten ist davon auszugehen, dass das Dunkelfeld erheblich größer ist als das Hellfeld. Die PKS bildet hier auch nicht ohne Weiteres einen repräsentativen Ausschnitt aller tatsächlich verübten Straftaten, da zum Beispiel schwerere Straftaten eher angezeigt werden als leichtere Delikte, im öffentlichen Raum verübte Gewalt- und Sexualdelikte häufiger als solche im häuslichen Umfeld, und beispielsweise Wirtschaftsstraftaten in der Regel weniger auffallen als etwa Raubdelikte.
Soweit die Polizei Beschuldigte ermitteln konnte, werden auch Angaben zu den Tatverdächtigen aufgenommen. Nicht in der PKS enthalten sind unter anderem Staatsschutzdelikte, viele Straßenverkehrsdelikte sowie Delikte außerhalb des Aufgabenbereichs der Polizei wie beispielsweise Steuerstraftaten. Auch Angaben zum Motiv einer (Gewalt-)Tat sind nicht in der PKS enthalten. Die PKS ist eine sogenannte Ausgangsstatistik, d.h.: Nicht der Zeitpunkt der (möglichen) Tatbegehung oder Anzeigeerstattung, sondern der Abschluss der polizeilichen Ermittlungen ist für die Aufnahme in die jeweilige Jahresstatistik entscheidend. Die PKS ist zudem eine Verdachtsstatistik, d.h.: Sie gibt keine Auskunft darüber, ob sich der durch die polizeilichen Ermittlungen vorliegende Tatverdacht im weiteren Verfahren bestätigt hat und es etwa zu einer Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft sowie zu einer Verurteilung durch ein Gericht gekommen ist
Diese Grenzen der Aussagekraft der PKS sind insbesondere auch für das Thema Migration und Kriminalität relevant. Für ein angemessenes Lagebild zur Verbreitung und Entwicklung der Kriminalität werden daher in der Regel auch weitere Datenquellen berücksichtigt, insbesondere die Strafverfolgungsstatistik mit Zahlen zu gerichtlich Verurteilten sowie repräsentative Bevölkerungsbefragungen zur Häufigkeit der Opfer- und Täterwerdung nach Selbstangaben der Befragten. Mit solchen Befragungen kann auch das Dunkelfeld der nicht offiziell bekannten Delikte zumindest zum Teil „aufgehellt“ werden. Soweit die Strafverfolgungsstatistik und Dunkelfeldbefragungen für das Thema Migration und Kriminalität relevant und aussagekräftig sind, werden auch diese im Folgenden in die Betrachtung einbezogen.
Migrantinnen und Migranten sind in westeuropäischen Gesellschaften unter den polizeilich erfassten Tatverdächtigen, den gerichtlich Verurteilten und den Strafgefangenen überrepräsentiert. In vielen Ländern, so auch in Deutschland, lässt sich die Registrierungshäufigkeit von Migrantinnen und Migranten – also die Zahl der polizeilich erfassten Tatverdächtigen im Verhältnis zur jeweiligen Bevölkerungszahl, zum Beispiel pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner – allerdings nicht direkt aus Kriminalstatistiken ablesen, weil darin meist nicht das Geburtsland ausgewiesen wird. Es lassen sich jedoch zumindest Aussagen zur Registrierungshäufigkeit der ausländischen Bevölkerung treffen, das heißt zu Menschen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Dabei ist im Blick zu behalten, dass diese Gruppe nicht mit der zugewanderten Bevölkerung identisch ist: 2024 hatten 34 Prozent der im Ausland Geborenen etwa als
Zudem finden sich unter den ausländischen Tatverdächtigen – neben nicht eingebürgerten Migrantinnen und Migranten bzw. Nachkommen von Eingewanderten ohne deutsche Staatsbürgerschaft – auch Menschen, die sich etwa als Touristinnen und Touristen, Durchreisende oder gezielt zur Begehung von Straftaten nur vorübergehend in Deutschland aufhalten. Es handelt sich also auch nicht bei allen tatverdächtigen ausländischen Staatsangehörigen, die in den Kriminalstatistiken erfasst sind, um im Inland lebende und in der hiesigen Bevölkerungsstatistik erfasste Menschen mit eigener oder elterlicher Migrationsgeschichte.
Ausländische und deutsche Tatverdächtige sowie Tatverdächtige mit Migrationshintergrund (schematische Darstellung) (© Christian Walburg)
Bei den „nichtmigrantischen“ ausländischen Tatverdächtigen geht es durchaus um eine relevante Gruppe. Laut PKS hatten im Jahr 2024 insgesamt 9,6 Prozent der ermittelten ausländischen Tatverdächtigen – ohne ausländerrechtliche Verstöße wie Einreise und Aufenthalt ohne erforderliches Visum oder Aufenthaltstitel – ihren Wohnsitz im Ausland
Die häufig vorgenommene pauschale Gegenüberstellung des Anteils ausländischer Tatverdächtiger an allen ermittelten Tatverdächtigen (für alle Delikte ohne ausländerrechtliche Verstöße 2024: 35,4 Prozent
Im längerfristigen Trend unterliegen die absolute Zahl der ausländischen Tatverdächtigen sowie der Ausländeranteil an allen Tatverdächtigen erheblichen Schwankungen. Diese hängen eng mit jeweils neuen armuts- oder kriegsfluchtbedingten Zuwanderungsprozessen und zum Teil auch mit Veränderungen bei grenzüberschreitenden Diebstahlsdelikten zusammen. Mit der deutlichen Zunahme der Zuwanderung nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes und mit dem Ausbruch der Jugoslawienkriege stieg die Zahl und der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen ab Ende der 1980er Jahre erheblich an und erreichte Anfang der 1990er Jahre einen Höchststand. Nach 1993 sank der Anteil dann wieder kontinuierlich und erreichte bis 2008 mit 20 Prozent (Diebstahlsdelikte) bzw. 23,5 Prozent (Gewaltdelikte) in etwa den Wert von 1987. Seit 2008 hat die Zuwanderung nach Deutschland wieder stark zugenommen; die ausländische Bevölkerung hat sich seitdem in etwa verdoppelt, von 6,7 Mio. auf zuletzt etwa 14,1 Mio. Menschen
Der Anstieg der absoluten Zahl und des Anteils der ausländischen Staatsangehörigen unter den Tatverdächtigen bedeutet nicht, dass Ausländerinnen und Ausländer insgesamt häufiger Straftaten begehen als früher: Pro Kopf werden „Ausländer“ heute nicht öfter wegen Straftaten erfasst als vor 15 Jahren. Für die ausländische Bevölkerung, die schon länger in Deutschland lebt, zeigte sich – ähnlich wie bei der deutschen Bevölkerung – in den letzten 20 Jahren in vielen Deliktsbereichen eher ein Rückgang.
Die Entwicklung der relativen Registrierungshäufigkeit in der deutschen und ausländischen Bevölkerung lässt sich neuerdings für den Zeitraum seit 2009 aus der PKS ablesen. Die Tatverdächtigenquote in der nichtdeutschen Bevölkerung lag demnach 2009 bei knapp 4,9 Prozent
Unter Berücksichtigung der erheblichen Zunahme der Bevölkerungszahl lässt sich festhalten, dass sich die polizeilich erfasste Kriminalitätshäufigkeit in der nichtdeutschen Bevölkerung nicht wesentlich verändert hat und momentan wieder deutlich niedriger liegt als 2015/2016. Der alleinige Blick auf gestiegene absolute Tatverdächtigenzahlen ergibt also ein verzerrtes Bild der Kriminalitätsentwicklung in dieser zuletzt deutlich größer gewordenen Bevölkerungsgruppe.
Bei solchen Gesamtvergleichen sind zum Teil erhebliche soziodemografische Unterschiede zwischen den betrachteten Gruppen zu berücksichtigen. Ein gewisser Teil der häufigeren Registrierung von ausländischen Staatsangehörigen ist darauf zurückzuführen, dass diese Bevölkerungsgruppe anteilig mehr junge Männer und zum Beispiel weniger Frauen im Seniorenalter aufweist als die deutsche Bevölkerung. Bei Männern im Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter sind aber in allen Gesellschaften und zu allen Zeiten die höchsten Kriminalitätsraten zu beobachten
Überdies ist bei der Betrachtung dieser Gesamtraten zu berücksichtigen, dass die migrantische Bevölkerung ausgesprochen heterogen ist. Die ausländische pauschal der deutschen Bevölkerung gegenüberzustellen, gibt keine genaueren Aufschlüsse über etwaige Besonderheiten und möglicherweise auch gegenläufige Entwicklungen in kleineren Teilgruppen.
Entscheidend zur Erklärung der Unterschiede in der Tatverdächtigenhäufigkeit sind nicht etwa die Staatsangehörigkeit oder Herkunft als solche. In der
Von Bedeutung ist noch ein weiterer grundlegender Aspekt: Offizielle Kriminalstatistiken bilden nur einen Teil aller strafbaren Verhaltensweisen ab. Erfasst wird das sogenannte Hellfeld der Kriminalität. Das bedeutet: Es werden diejenigen Vorkommnisse dokumentiert, die der Polizei und Justiz vor allem durch Anzeigen sowie zu einem kleineren Teil auch durch proaktive Tätigkeit der Behörden bekannt geworden sind und von den Instanzen zum Zeitpunkt der statistischen Erfassung – bei der Polizei bei Abgabe der Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft – als wahrscheinlich strafbar beurteilt worden sind. Ein Vergleich der „tatsächlichen“ Kriminalitätsbeteiligung verschiedener sozialer Gruppen – zum Beispiel jüngere und ältere, ärmere und reichere oder zugewanderte und nicht zugewanderte Menschen – auf Basis offizieller Statistiken setzt daher voraus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass strafbares Verhalten entdeckt, angezeigt und offiziell registriert wird sowie anschließend zu einer Verurteilung führt, in den entsprechenden Gruppen annähernd gleich hoch ist. Davon ist jedoch nicht immer ohne Weiteres auszugehen.
Im Zusammenhang mit Migration haben Befragungsstudien zum Beispiel gezeigt, dass die Entscheidung eines jugendlichen Opfers einer Gewalttat, Strafanzeige zu erstatten, neben vielen anderen Faktoren, wie der Tatschwere oder der persönlichen Bekanntschaft mit dem Täter, auch davon abhängt, ob der Täter als „fremd“ wahrgenommen wird
Inwieweit Menschen ausländischer Herkunft häufiger polizeilich kontrolliert werden, wurde bislang in Deutschland wenig untersucht. Bekannt gewordene Fälle und europaweite Befragungen unter Minderheitenangehörigen deuten indes darauf hin, dass es zuweilen zu Personenkontrollen kommt, die sich primär auf äußerliche Merkmale stützen, sogenanntes
Nach einer neueren Befragungsstudie werden Menschen mit „phänotypischer Differenz“ etwas häufiger von der Polizei kontrolliert als Menschen, die nicht als „fremd“ wahrgenommen werden
Im Hinblick auf Entscheidungen von Staatsanwaltschaften und Gerichten gibt es insgesamt keine ganz einheitlichen Befunde bezüglich einer möglichen Benachteiligung von ausländischen Staatsangehörigen und Zugewanderten. Eine Studie aus dem Jahr 2010 ergab allerdings Hinweise auf eine etwas härtere Strafzumessung gegenüber ausländischen Angeklagten, vor allem solchen aus Nicht-EU-Staaten
Insgesamt lassen sich mit Blick auf die Bereitschaft zur Anzeigeerstattung, die polizeiliche Arbeit und justizielle Entscheidungen Hinweise auf Verzerrungen zu Lasten von ausländischen Staatsangehörigen beziehungsweise Migrantinnen und Migranten beobachten. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass unterschiedliche Registrierungshäufigkeiten allein mit unterschiedlichen Anzeigehäufigkeiten, intensiveren polizeilichen Kontrollen oder auch Unterschieden in der Strafzumessung zu erklären sind
Die Gesamtregistrierungshäufigkeit und der Gesamtanteil ausländischer Staatsangehöriger an allen Tatverdächtigen sind für sich genommen wenig aussagekräftig. Dies beruht zum einen auf dem bereits angeführten Umstand, dass viele Migrantinnen und Migranten(-nachkommen) keine Ausländerinnen und Ausländer und manche ausländischen Tatverdächtigen keine Zugewanderten sind. Neue Zuwanderungsprozesse – gegenwärtig beispielsweise von syrischen oder ukrainischen Geflüchteten – lassen sich durch das Merkmal der Staatsangehörigkeit jedoch noch vergleichsweise gut abbilden. Hinzu kommt aber, dass zugewanderte Menschen, ebenso wie Nichtmigrantinnen und -migranten, keine homogene Gruppe sind. Die dahinterstehenden Zuwanderungsprozesse und damit verbundenen Lebenslagen sind höchst vielfältig. Dementsprechend ist auch mit Bezug auf Kriminalität, die es ebenfalls in sehr unterschiedlichen Facetten gibt, zu differenzieren.
So hat sich im In- und Ausland wiederholt gezeigt, dass Migrantinnen und Migranten der ersten Generation, das heißt Menschen, die selbst im Erwachsenenalter zugewandert sind, vergleichsweise selten mit Straftaten auffallen. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Chance auf Zugang zum Arbeitsmarkt besteht
Jugendliche Migrantinnen und Migranten oder Nachkommen von Zugewanderten, d.h. Angehörige der sogenannten zweiten Generation, fallen in westeuropäischen Ländern tendenziell häufiger mit Straftaten auf als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Wiederholte und schwere Straffälligkeit betrifft allerdings auch unter Jugendlichen aus Migrantenfamilien nur einen kleinen Teil. Erhöhte Täteranteile sind bei alledem nicht auf ein bestimmtes Herkunftsland oder eine einzelne religiöse Gruppe beschränkt
Als direkte Erklärungsfaktoren gelten – wie auch bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund – eine geringe Selbstkontrolle, zu Regelverstößen neigende Freundeskreise sowie – teilweise dadurch bestärkt – eine geringe Normbindung. All dies wird durch ein Aufwachsen unter den Bedingungen sozialer Benachteiligung begünstigt. So ist beispielsweise ein „Code of the Street“
Diese Faktoren beeinflussen sowohl Jugendliche ohne Migrationshintergrund als auch Jugendliche aus Einwandererfamilien, wobei Letztere davon etwas häufiger betroffen sind. Bei Jugendlichen ausländischer Herkunft können zusätzlich eigene oder innerfamiliäre Schwierigkeiten bei der Eingewöhnung in eine neue kulturelle Umgebung sowie Erfahrungen von Ausgrenzung das Gefühl verstärken, nicht dazuzugehören. Auch dies kann zur Entstehung abweichender Normorientierungen, Selbstbilder und Lebenswege beitragen
Bei Jugendlichen, deren Eltern bereits im Inland aufgewachsen sind und die zur dritten oder vierten Migrantengeneration gehören, werden mit einer voranschreitenden Integration und beispielsweise deutlich rückläufigen Schulabbrecherquoten auch die Kriminalitätsrisiken deutlich geringer
Nach einem erheblichen Rückgang der Jugenddelinquenz zwischen Mitte der 2000er Jahre und 2015
In Schülerbefragungen zum Dunkelfeld der nicht offiziell erfassten Gewaltvorfälle aus dem Zeitraum bis 2021/22 war noch kein größerer Anstieg der Jugendgewalt zu erkennen
Die ehemaligen Arbeitskräfte aus Mittelmeeranrainerstaaten („Gastarbeiter/-innen“) und ihre Nachkommen sind vergleichsweise selten mit Diebstahlsdelikten aufgefallen. Andere Gruppen wurden und werden hingegen überdurchschnittlich häufig wegen Diebstählen registriert. Gründe für höhere Tatverdächtigenanteile etwa unter Zugewanderten aus Südosteuropa bei Diebstahlsdelikten sind vor allem ein massives Wohlstandsgefälle zwischen Südost- und Westeuropa, instabile gesellschaftliche Verhältnisse und erheblich marginalisierte Bevölkerungsgruppen in den Herkunftsländern, prekäre Lebensverhältnisse und ungünstige Perspektiven mancher Zugewanderter in Westeuropa sowie zum Teil grenzüberschreitend tätige Bandenstrukturen. Mit dem Zuzug von Menschen aus nordafrikanischen Staaten hatte die Zahl der wegen Diebstahls Tatverdächtigen aus diesen Ländern seit 2012 in besonders starkem Maße zugenommen. Aus der Entwicklung der absoluten Tatverdächtigenzahlen ist erkennbar, dass ein nicht präzise prozentual bezifferbarer Teil der jungen männlichen Neuzuwanderer aus Nordafrika recht bald an Diebstählen und anderen Delikten beteiligt war, um damit Einnahmen zu erzielen. Auch für diese Gruppe, bei der manche Personen bereits vor ihrer Einreise straffällig waren, und die sowohl in den Herkunftsländern als auch in Europa ungünstige Perspektiven besitzt, war dann ab 2017 ein deutlich rückläufiger Trend zu beobachten. Zuletzt ist die Zahl
Mit Blick auf Gewaltdelikte ergeben sich zum Teil etwas andere Muster als bei Diebstahlsdelikten. Hinweise auf eine erhöhte Gewaltbelastung finden sich in westeuropäischen Aufnahmegesellschaften insbesondere bei männlichen Jugendlichen aus Einwandererfamilien, das heißt in der zweiten Migrantengeneration. In Deutschland war dies anhand von Kriminalstatistiken und Befragungsstudien ab den 1980er Jahren etwa bei „Gastarbeiter“-Nachkommen sowie ab Mitte der 1990er Jahre bei im Kindes- oder Jugendalter „mitgenommenen“ jungen männlichen Spätaussiedlern zu erkennen, und seit Mitte der 2010er Jahre auch bei jungen Geflüchteten. Aber auch in der ersten Generation erwachsener Zuwanderinnen und Zuwanderer sind teilweise erhöhte Gewaltrisiken zu beobachten
Die Ursachen liegen unter anderem in schwierigen Lebensbedingungen und Bildungsnachteilen, von denen manche Migrantengruppen stärker betroffen sind. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass Männer aus stärker patriarchalisch geprägten Gesellschaften mit schwächer ausgeprägtem staatlichen Gewaltmonopol eher zu gewalttätigem Verhalten neigen können
Bei einer Unterscheidung nach Deliktsbereichen und Herkunftsländern ist in Westeuropa gegenwärtig zu erkennen, dass Migrantinnen und Migranten aus sogenannten westlichen Ländern, das heißt vor allem aus anderen „EU 12“-Ländern
Insbesondere durch den außergewöhnlich hohen Zuzug von Asylsuchenden in den Jahren 2015 und 2016 vor allem aus
Bislang gibt es nur wenige wissenschaftliche Studien, die sich speziell mit Kriminalitätsrisiken bei Geflüchteten befassen. Bewertungen beziehen sich bislang in erster Linie auf Zahlen der PKS, die einer genaueren Einordnung bedürfen. So lässt sich der „Flüchtlings“-Begriff nur bedingt durch kriminalstatistische Erfassungskategorien abbilden. Die Polizeibehörden greifen in diesem Zusammenhang seit 2015 auf die bereits etablierten Tatverdächtigen-Kategorien von Asylbewerbern, Kontingentflüchtlingen, Geduldeten und illegal Aufhältigen zurück. Diese werden in den Jahresberichten und in neu geschaffenen Lagebildern nun zusammenfassend als „Zuwanderer“ bezeichnet
Der von den Behörden gewählte, recht weite Begriff „Zuwanderer“ erfasst aber nicht alle zugewanderten Tatverdächtigen: Die Definition schließt beispielsweise zugewanderte EU-Bürgerinnen und Bürger oder Personen aus Drittstaaten, die zum Arbeiten nach Deutschland gekommen sind, aus. Umgekehrt sind unter den tatverdächtigen „Zuwanderern“ aber auch nicht ausschließlich Schutzsuchende. Gewisse Unsicherheiten ergeben sich überdies daraus, dass die Zuordnung von Tatverdächtigen zu den entsprechenden Aufenthaltsanlässen in der polizeilichen Erfassungspraxis möglicherweise nicht immer ganz zuverlässig erfolgt, insbesondere mit Blick auf die neu geschaffenen Tatverdächtigen-Kategorien. Darüber hinaus lassen sich bei „Zuwanderern“ nicht ohne Weiteres präzise relative Registrierungshäufigkeiten (Tatverdächtigenquoten) angeben, da die hierzu erforderlichen Bevölkerungszahlen gerade in Phasen hohen Zuzugs, wie etwa im Laufe der Jahre 2015 und 2022, stark schwanken und weiterhin vergleichsweise ungenau sind. Insbesondere die Zahl der Menschen, die sich illegal im Land aufhalten, kann naturgemäß nicht genau beziffert werden.
Dennoch lassen sich anhand der Zahlen der Kriminalstatistik gewisse Grundtendenzen für die offiziell erfasste Kriminalität ablesen. So hängen Delikte von neu zugezogenen Geflüchteten häufig eng mit deren schwierigen Lebensumständen zusammen. Gegenwärtig fallen Geflüchtete meistens, wie auch schon im Rahmen des Flüchtlingszuzugs in den 1990er Jahren, durch Delikte wie leichtere Diebstähle, Fahren ohne Fahrschein, aber auch durch Körperverletzung auf.
Delikt | Zahl der tatverdächtigen „Zuwanderer“ | Anteil an allen Tatverdächtigen |
---|---|---|
Alle Delikte (ohne ausländerrechtliche Verstöße) | 172.203 | 8,8% |
Körperverletzung (ges.) | 50.531 | 10,1% |
Diebstahl (ges.) | 48.184 | 12,1% |
Beförderungserschleichung | 21.461 | 23,0% |
Betäubungsmitteldelikte | 16.659 | 9,5% |
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung | 7.514 | 7,9% |
… davon Vergewaltigung / schwere sexuelle Nötigung | 1.316 | 11,6% |
Straftaten gegen das Leben | 474 | 12,2% |
… davon vollendete Fälle (Mord/Totschlag) | 51 Fälle | 9,0% |
Quelle: Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik 2024, Tabelle 61 sowie Auskunft des BKA zu vollendeten Fällen Mord/Totschlag auf Anfrage des Autors, eigene Darstellung.
Bei Gewaltdelikten ging es insbesondere in den Jahren des starken Zuzugs, etwa 2015 und 2016, häufig um Auseinandersetzungen in Gemeinschaftsunterkünften. Wenn viele Menschen unterschiedlicher Herkunft und Aufenthaltsperspektive – darunter überdurchschnittlich viele junge Männer – auf engem Raum zusammenleben und dabei wenig Privatsphäre, eine ungewisse Zukunft, unstrukturierte Tagesabläufe und eingeschränkte Autonomie haben, führt dies leicht zu Konflikten
Besonders stark wahrgenommen werden in diesem Zusammenhang schwerste Gewaltverbrechen, die allgemein, aber natürlich auch unter Flüchtlingen nur einen sehr kleinen Teil aller Delikte ausmachen
Mit Blick auf Sexualdelikte sind die registrierten Fallzahlen seit 2017 infolge der im November 2016 in Kraft getretenen weitreichenden Gesetzesänderungen
Die Entwicklung der Fallzahlen war in diesem Bereich im Zeitraum 2000 bis 2025 eher stabil teilweise auch deutlich rückläufig. Dies gilt etwa für die bis 2017 gesondert als „überfallartig“ klassifizierten Vergewaltigungs- bzw. schweren sexuellen Nötigungsdelikte: so gab es im Jahr 2000 2.493 Fälle, 2017 dann 1.068 Fälle, mit einer zwischenzeitlichen Zunahme auf 1.357 Fälle im Jahr 2016 infolge der Übergriffe in der Silvesternacht 2015/16. Bei diesen Delikten ist der Anteil von ausländischen Staatsangehörigen/Geflüchteten überdurchschnittlich hoch. Gleichwohl fällt unter allen ausländischen Staatsangehörigen/Geflüchteten nur ein äußerst kleiner Teil mit schweren „überfallartigen“ Sexualdelikten auf (absolute Zahl ausländischer Tatverdächtiger als „Einzeltäter“ 2017: 265; aus Gruppen: 55). Bei alledem ist zu bedenken, dass die Mehrzahl der Sexualdelikte nicht überfallartig durch einen fremden Täter begangen, sondern im sozialen Nahbereich verübt werden. Sowohl bei Einheimischen als auch bei Geflüchteten dürfte im häuslichen/privaten Umfeld beziehungsweise wohl auch in Gemeinschaftsunterkünften ein vergleichsweise großes Dunkelfeld bestehen.
Seit 2022 ergaben sich bei den Gesamtfallzahlen für bestimmte offiziell erfasste Sexualdelikte (insbesondere bei sexueller Belästigung) Zunahmen, die wohl nicht allein auf Gesetzesveränderungen zurückzuführen sind. Inwieweit sich hierin eine tatsächliche Zunahme entsprechender Fälle oder eine größere Anzeigehäufigkeit niederschlägt, wird erst noch durch Dunkelfeldbefragungen zur Opferwerdung und zum Anzeigeverhalten analysiert werden müssen; Befunde zum Zeitraum seit 2022 stehen bislang noch aus
Insgesamt sind die absolute wie auch die relative Zahl der polizeilich registrierten Straftaten – bei Letzterer geht es um die aussagekräftigere „Kriminalitätshäufigkeitsziffer“ (KHZ) der Straftaten pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner – bis 2019 kaum angestiegen; in vielen Deliktsbereichen, etwa Diebstahl oder Raub, war sie sogar weiter rückläufig. Seit 2022 sind die Raten der offiziell erfassten Fälle wieder etwas angestiegen; zugleich lag die KHZ etwa für Raubtaten im Jahr 2024 mit 52 immer noch deutlich unter dem Höchstwert von 85 im Jahr 1997 sowie noch leicht unter dem Wert von 56 des Jahres 2014. Auch die KHZ für vollendete Tötungsdelikte liegt mit 0,7 Fällen je 100.000 Einwohner auf einem historisch niedrigen Niveau. Das zuweilen gezeichnete Bild einer mit dem Flüchtlingszuzug einhergehenden dramatischen Kriminalitätsentwicklung wird durch diese Zahlen nicht gestützt. Dass die Gesamt-Kriminalitätsraten durch Zuwanderung generell nur bedingt beeinflusst werden, zeigen deutsche wie auch internationale Untersuchungen
Dessen ungeachtet haben die Zahl und der Anteil der Delikte, bei denen mindestens ein „Zuwanderer“ als Tatverdächtiger erfasst worden ist, im Einklang mit der starken Zunahme des Zuzugs von Asylsuchenden zwischen 2014 und 2016 kontinuierlich zugenommen. Seit 2017 ist die absolute Tatverdächtigenzahl bei „Zuwanderern“ im Bereich von Diebstahlsdelikten wieder deutlich unter die Zahl von 2015 zurückgegangen, bei Gewaltdelikten deutete sich ab 2019 ein rückläufiger Trend an. Beide Zahlen sind ab 2022 wieder angestiegen, auch einhergehend mit der erheblichen Neuzuwanderung in diesen Jahren: Die Zahl der Schutzsuchenden in der Bevölkerung ist zwischen Ende 2021 und Ende 2023 von 1,9 Mio. auf 3,2 Mio. gestiegen.
Auffällig ist, dass anerkannte Flüchtlinge bislang, in Relation zu ihrem Bevölkerungsanteil, vergleichsweise selten als Tatverdächtige registriert worden sind. Auch wenn hier genauere Analysen – auch zur Zuverlässigkeit der Erfassung in dieser neu eingeführten Erhebungskategorie – noch ausstehen, steht dies durchaus im Einklang mit ausländischen Befunden
Insgesamt werden „Zuwanderer“ häufiger als Tatverdächtige registriert, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. 2024 stellten sie 8,8 Prozent der Tatverdächtigen (ohne ausländerrechtliche Verstöße). Der Bevölkerungsanteil kann allerdings nur grob auf knapp 4 Prozent geschätzt werden, insbesondere die Gesamtzahl der sich illegal im Land aufhaltenden ausländischen Staatsangehörigen kann naturgemäß nicht genau beziffert werden. Die größere Registrierungshäufigkeit ist zu einem gewissen Teil – aber nicht nur – darauf zurückzuführen, dass die „Zuwanderer“-Bevölkerung einen deutlich höheren Anteil junger Männer in einem allgemein „kriminalitätsrelevanten“ Alter aufweist als die Gesamtbevölkerung. Zum Vergleich: Unter allen Asylerstantragstellenden im Jahr 2024 waren 32,8 Prozent Männer im Alter von 16 bis 29 Jahren, in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund lag deren Anteil laut Mikrozensus 2023 bei grob 7,2 Prozent. Überdies ist zu bedenken, dass Delikte von Menschen, die sich in Gemeinschaftsunterkünften aufhalten, möglicherweise etwas häufiger bekannt werden als Delikte, die von Menschen in verfestigten Lebensverhältnissen verübt werden. Insgesamt gibt es unter Geflüchteten, wie auch in der Gesamtbevölkerung, einen kleinen Teil von Hochbelasteten, während die große Mehrheit nicht straffällig wird. Allerdings ist die Tatverdächtigenrate unter Geflüchteten alles in allem etwa zwei- bis dreimal höher als in der Gesamtbevölkerung.
Bei alledem sind zum Teil deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Herkunftsgruppen zu erkennen. Während der Deliktsschwerpunkt bei Kriegsflüchtlingen aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan eher bei Gewaltdelikten liegt, fallen diese relativ betrachtet bislang vergleichsweise selten durch Straftaten zur Erzielung von Einnahmen wie Diebstähle, Raub oder Drogenhandel auf. Hier haben junge Zuwanderer aus nordafrikanischen Ländern, aus Georgien, aber zum Teil auch aus bestimmten Subsahara-Staaten die höchsten Anteile
Plausible Erklärungen hierfür beziehen sich auf soziodemografische Unterschiede in der Zusammensetzung der verschiedenen Herkunftsgruppen, auf vermehrte Vorerfahrungen mit Instabilität und Gewalt unter Kriegsflüchtlingen, sowie auf mangelnde Perspektiven für viele junge Zuwanderer etwa aus Nordafrika, einen Aufenthaltsstatus zu erhalten, der ihnen einen längerfristigen Verbleib in Deutschland ermöglicht und es ihnen erlaubt, einen Integrationskurs zu besuchen und zu arbeiten
Bei Asylsuchenden, die voraussichtlich einen Schutzstatus erhalten und damit in Deutschland bleiben werden, sollten lange Phasen eines unsicheren Aufenthaltsstatus, Passivität und gewaltbegünstigende Formen der Unterbringung vermieden werden. Kontakte zur Gesellschaft und Zugänge zum Arbeitsmarkt sind hier ebenso von Bedeutung wie die Früherkennung und Behandlung etwaiger psychischer Belastungen
Bei Asylsuchenden mit zunächst geringer Bleibeperspektive stellt sich die Frage, ob diese aus migrationspolitischen Erwägungen – wie etwa zur Abschreckung weiterer unerwünschter Zuwanderung – von Integrationsmöglichkeiten völlig auszuschließen sind. Ein Teil wird in die Herkunftsländer zurückkehren, bei manchen wird sich der Aufenthalt jedoch nach den Erfahrungen früherer Jahre womöglich verstetigen. Ein langer Aufenthalt in separierten (Gemeinschafts-)Unterkünften, Kettenduldungen und ein Ausschluss etwa vom Arbeitsmarkt können dann ein langfristiges Leben am Rande der Gesellschaft befördern. Ein Beispiel sind kurdische und palästinensische Zugewanderte aus libanesischen Flüchtlingslagern, die heute in einigen deutschen Großstädten leben: Studien zufolge hat neben dem spezifischen soziokulturellen „Gepäck“ von bereits ausgeprägten patriarchalen, familial-kollektivistischen Orientierungen die restriktive Flüchtlingsintegrationspolitik der 1980er und 1990er Jahre – mit lange Zeit ungesichertem Aufenthaltsstatus, Ausbildungs- und Arbeitsverboten in der Erwartung der baldigen Rückkehr – bei einem Teil der Betroffenen zur Entwicklung und Vertiefung von Clanstrukturen und Kriminalität, etwa in den Bereichen Drogenhandel und Schutzgelderpressung, beigetragen
Dr. Christian Walburg ist Rechtswissenschaftler und Kriminologe. Er forscht an der Deutschen Hochschule der Polizei zum Thema Migration und Kriminalität.